Leitfaden des Kartellrechts im AAMPACT e.V.

Handreichung für unsere Vereinsarbeit

Einleitung

AAMPACT e.V. The International Independent Aftermarket Association ist die Interessengemeinschaft namhafter, marktführender Autoteilehersteller und Automobilzulieferer im Freien Markt.

Das Ziel des AAMPACT e.V. und seinen Mitgliedern ist es, in enger Zusammenarbeit mit benachbarten Verbänden, die Interessen aller Teilnehmer am automobilen Ersatzteilmarkt engagiert und wirkungsvoll zu vertreten.

Der AAMPACT e.V. bekennt sich allgemein zu rechtmäßigem Handeln und richtet seine Verbandsarbeit strikt an der Vereinbarkeit mit deutschem und europäischem
Kartellrecht aus.

Zu diesem Zweck gibt der AAMPACT e.V. mit dem vorliegenden Leitfaden Hinweise für seine Mitglieder, durch deren Beachtung im Interesse des AAMPACT e.V. und seiner Mitglieder bei jeder Aktivität kartellrechtlich bedenkliches Verhalten von vornherein vermieden werden soll. Der Leitfaden soll den Mitgliedsfirmen dazu Sicherheit und Orientierung geben. Zu diesem Zweck enthält er u.a. Regelungen zu zulässigen und unzulässigen Themen von Vereinssitzungen, zu Marktinformationsverfahren, zu Vereinsempfehlungen und zur Durchführung von Vereinssitzungen. Die Einhaltung dieser Regelung ist für alle an der AAMPACT – Vereinstätigkeit Mitwirkenden verbindlich und dient damit auch dem Schutz unseres Vereines und seiner Mitglieder.

AAMPACT e.V. im Juli 2019

Der Leitfaden als PDF

Vorbemerkung zum allgemeinen Kartellverbot

Das Kartellrecht soll grundsätzlich alle Arten von Beschränkungen durch Wettbewerber bekämpfen. Es verbietet Wettbewerbern den Austausch sensibler Daten. In Deutschland ergibt sich das Kartellverbot aus § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Danach sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten. Zusätzlich gilt das europäische Kartellverbot, wenn die in §1 GWB genannten Praktiken den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind (Art. 101AEUV).
Danach verbietet das Kartellrecht zum einen Vereinbarungen über Preise, Geschäftsbedingungen usw. Allerdings setzt das nicht ausdrückliche, insbesondere nicht schriftliche Erklärungen voraus. Eine Vereinbarung kann auch durch sog. Schlüssiges Verhalten getroffen werden. Neben der Vereinbarung verbietet das Kartellrecht aber auch sog. abgestimmte Verhaltensweisen der Unternehmen, die zu einem ähnlichen Ergebnis führen. Allerdings können diese Leitlinien nicht der gesamten Komplexität des Kartellrechts gerecht werden.
In Detailfragen kann es daher erforderlich sein, eine weitergehende rechtliche Bewertung vorzunehmen.

Themen und Organisation von AAMPACT e.V.-Versammlungen

a) Wer ist Wettbewerber?

  • Unternehmen stehen sowohl auf der Absatzseite als auch auf der Einkaufsseite miteinander im Wettbewerb. Als Wettbewerber ist jeder anzusehen, der entweder die gleichen oder ähnliche Produkte oder Dienstleistungen anbietet oder nachfragt.
  • Wettbewerber kann unter Umständen bereits sein, wer unterschiedliche Produkte demselben Kunden anbietet, oder wer unterschiedliche Waren vom selben Lieferanten einkauft.
  • Auch wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erst noch ein gleiches oder ähnliches Produkt innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit anbieten wird, gilt als (potentieller) Wettbewerber. Dabei kann der Begriff „kurze Zeit“ je nach Umständen auch einen Zeitraum umfassen, der ein Jahr deutlich (ggf. um das Mehrfache) übersteigt.
  • Auch Unternehmen unterschiedlicher Marktstufe können zueinander im Wettbewerb stehen. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn ein Hersteller seine Ware direkt aber auch über den Handel vertreibt. Unternehmen, die aktuell in einem Produktbereich nicht miteinander konkurrieren, können als (potentielle) Wettbewerber angesehen werden, wenn sie ohne weiteres und in relativ kurzer Zeit in der Lage wären, in Wettbewerb zueinander zu treten.

b) Zulässige Themen einer AAMPACT e.V.-Sitzung

Unternehmen dürfen im Rahmen von AAMPACT e.V.-Sitzungen grundsätzlich Informationen zu ihrem jeweiligen Themenkreis austauschen, soweit der Austausch im spezifischen Einzelfall nicht dazu eingesetzt wird, um den Wettbewerb zu beschränken.

Dazu zählen:

  • rückwärtsgerichteter Austausch über die allgemeinen Geschäftsentwicklungen, sofern sich die Angaben auf das gesamte Unternehmen, die gesamte Produktpalette oder andere aggregierte Geschäftsbereiche erstreckt und diese Informationen von den betreffenden Unternehmen bereits rechtmäßig veröffentlicht wurden,
  • aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen sowie allgemeine Entwicklungen in der Industrie (sofern öffentlich bekannt),
  • allgemeine technische Fragen wie allgemeine Trends oder allgemeine technische Neuerungen,
  • allgemeine rechtliche Fragen, aktuelle Gesetzesvorhaben und deren Folgen für die Gesamtheit der Mitgliedsunternehmen,
  • gesellschaftspolitische Fragen und gemeinsame Interessensvertretung gegenüber der Politik wie Diskussionen über Aktivitäten des AAMPACT e.V.
  • Benchmarking-Aktivitäten, soweit (im Regelfall) mindestens fünf Unternehmen beteiligt sind; ein neutraler Dritter den Benchmark durchführt und das Ergebnis anonymisiert und aggregiert an die Beteiligten zurückspielt. Ebenso darf keine Re-Individualisierung im Rahmen der Verbandssitzung möglich sein und kein Bezug zu Produkten und Marktverhalten bestehen. Besonders zu beachten: AAMPACT -Gremien-Mitglieder haben eine Doppelfunktion (Mitarbeiter eines Mitgliedsunternehmens und Wettbewerber). Daher ist die nötige Neutralität nicht gewährleistet. Neutrale Dritte sind z.B. externe Berater.
  • allgemeiner Austausch von Daten, die öffentlich zugänglich sind (z. B. vom KBA, aus dem Internet oder aus veröffentlichten Geschäftsberichten der Mitgliedsunternehmen).

c) Unzulässige Themen einer AAMPACT e.V.-Sitzung

Unternehmen dürfen im Rahmen von Vereinssitzungen grundsätzlich keine Informationen zu Themen austauschen, die das Kartellrecht und den so
genannten Geheimwettbewerb (z.B. bei Ausschreibungen) verletzen und bei denen es sich um unternehmensinterne Informationen oder Daten handelt.

Dazu zählen insbesondere:

  • alle preisbezogenen Themen wie z.B. Informationen oder Absprachen über Preise (Einkaufs-, Verkaufs- und Wiederverkaufspreise einschließlich Listenpreise), Preisbestandteile, Rabatte, Preisstrategien und –Kalkulationen sowie geplante Preisänderungen,
  • Einkaufs-, Liefer- und Zahlungskonditionen aus Verträgen mit Dritten, sofern nicht öffentlich zugängliche Geschäftsbedingungen,
  • Informationen über Unternehmensstrategien, gegenwärtiges oder zukünftiges Marktverhalten (sogenanntes „Signalling“) und noch nicht rechtmäßig veröffentlichte Informationen über gegenwärtige Geschäftsentwicklungen oder Geschäftserwartungen,
  • Informationen über Umsatz– und Absatzzahlen, Gewinn(margen), Marktanteile und geplante Investitionen, sofern diese nicht öffentlich bekannt sind,
  • Informationen über interne Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Technologien und Produktneuheiten,
  • Informationen über Vertriebspolitik, Absatzgebiete und Kunden,
  • Koordination von Angeboten gegenüber Dritten,
  • Aufteilung von Märkten oder Bezugsquellen in räumlicher und personeller Hinsicht sowie ausdrückliches oder stillschweigendes Einvernehmen über Boykotte und Liefer- oder Bezugssperren gegen bestimmte Unternehmen,
  • Informationen über Kapazitäten, Auslastung und Quoten, wie z.B. Produktionsquoten, Produktionsbeschränkungen und Kapazitätsverknappungen,
  • Informationen über Kosten wie z.B. Entwicklungs-, Rohstoff, Fertigungs –und Verwaltungskosten,
  • Verifikation von vom Kunden oder Lieferanten erhaltenen Informationen,
  • Forderungen von Kunden oder Lieferanten einschließlich der eigenen Reaktion hierauf bzw. der Reaktion der Wettbewerber.

d) Vorbereitung und Durchführung der Vereinssitzungen

Der AAMPACT e.V.-Vorstand lädt in Abstimmung mit dem Steering Committee rechtzeitig und offiziell zu Mitgliedersitzungen ein und fügt der Einladung rechtzeitig eine möglichst detaillierte Tagesordnung bei. Das Steering Committee unterstützt den AAMPACT e.V.-Vorstand darin, dass Tagesordnung und Sitzungsunterlagen klar und unmissverständlich formuliert sind und keine kartellrechtlich bedenklichen Punkte enthalten.

Der Sitzungsleiter/Vorstand achtet auf die Einhaltung des formalen und ordnungsgemäßen Sitzungsverfahrens (mit Tagesordnung und Protokollführung). Der Sitzungsleiter weist die Teilnehmer zu Beginn der Sitzung auf kartellrechtskonformes Verhalten hin. Bei regelmäßig stattfindenden Treffen mit gleichem Teilnehmerkreis erfolgt diese Belehrung nicht bei jedem Treffen, sondern in angemessenen Abständen. Der Sitzungsleiter wird jede Verletzung von Kartellrecht durch Eingriffe in den Sitzungsverlauf unterbinden.

Die Mitglieder des Steering Committee unterstützen den Sitzungsleiter darin, dass von der Tagesordnung nicht abgewichen wird. Sollte dies trotzdem von Teilnehmern gewünscht werden, so führt der Sitzungsleiter einen förmlichen Beschluss über diese Änderung herbei und hält diesen Beschluss im Protokoll fest.

Die Sitzungsteilnehmer sollten neuen Tagesordnungspunkten widersprechen, wenn sie meinen, dass diese kartellrechtlich bedenklich sind oder wenn ein förmlicher Änderungsbeschluss unterbleibt. Sie sollten verlangen, dass das Abweichen von der Tagesordnung und ihr Widerspruch protokolliert werden. Der Sitzungsleiter wird die Widersprüche prüfen und die Tagesordnungspunkte ggf. zurückweisen.

e) Protokolle von Vereinssitzungen

Die Mitglieder des Steering Commitee unterstützen den Sitzungsleiter darin, dass korrekte, vollständige und genaue Protokolle von Vereinssitzungen einschließlich der dort gefassten Beschlüsse erstellt werden. Die Sitzungsteilnehmer sollten Widerspruch erheben, wenn ihnen auffällt, dass kein Protokoll mitgeschrieben wird.

Der AAMPACT e.V. Vorstand wirkt darauf hin, dass die Formulierungen im Protokoll eindeutig und klar sind. Die Protokolle von Vereinssitzungen werden zeitnah an alle Teilnehmer verschickt.

Die Sitzungsteilnehmer prüfen die Protokolle nach Erhalt auf korrekte Wiedergabe des wesentlichen Verlaufs der Sitzung und ihrer Beschlüsse. Sie weisen den AAMPACT e.V. unverzüglich auf ggfs. unvollständige oder falsche Protokollierungen, insbesondere zu kartellrechtlich relevanten Themen hin und fordern eine Korrektur.

f) Verhalten in Vereinssitzungen

Der Sitzungsleiter stellt mit Unterstützung durch das Steering Committee sicher, dass es in der Vereinssitzung nicht zu unzulässigen Beschlüssen, Absprachen, Gesprächen oder spontanen Äußerungen zu kartellrechtlich relevanten Themen kommt.

Der Sitzungsleiter weist Sitzungsteilnehmer, die sich nicht kartellrechtskonform verhalten, unverzüglich darauf hin. Der Sitzungsleiter sollte die Diskussion
oder notfalls die gesamte Sitzung abbrechen oder vertagen, soweit eine rechtliche Klärung notwendig sein sollte.

Die Sitzungsteilnehmer sollten den Abbruch oder die Vertagung einer Diskussion oder Sitzung fordern, sofern sie Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit
haben. Diese Forderung muss protokolliert werden.

Sitzungsteilnehmer sollten bei Fortsetzung einer kartellrechtlich bedenklichen Diskussion die Sitzung verlassen. Das Verlassen eines Sitzungsteilnehmers muss mit Name und Zeitangabe protokolliert werden.

Marktinformationsverfahren / Vereinsstatistiken

Marktinformationsverfahren sind organisierte Datensammlungen, die Informationen z.B. in der Form von Vereinsstatistiken etwa über Fahrzeugzulassungen darstellen. Solche Marktinformationsverfahren und sonstige Statistiken sind nur zulässig, wenn sie offiziell über den Verein oder eine andere neutrale Stelle geführt werden, die nur anonymisierte und nicht-identifizierbare aggregierte Gesamtdaten veröffentlicht.

Der AAMPACT trägt dafür Sorge, dass die von ihm geführten Martinformations-verfahren den rechtlichen Vorgaben entsprechen, insbesondere (auch im Hinblick auf die jeweilige Marktstruktur sowie den Melderhythmus) nicht zu einer künstlich erhöhten Markttransparenz führen und (im Regelfall) mindestens fünf Unternehmen je Meldekategorie einbezogen sind. Unternehmensbezogene Daten dürfen im Rahmen von Marktinformationsverfahren nur in den dafür vorgesehenen Verfahren übermittelt werden, nicht jedoch in Vereinssitzungen.

Mitgliederinformationen und Pressemitteilungen des AAMPACT e.V.

Der AAMPACT e.V. stellt sicher, dass seine Mitgliederinformationen und Pressemitteilungen keine Formulierungen beinhalten, die gewollt oder ungewollt auf Absprachen, gleichförmiges Verhalten oder entsprechende Empfehlungen des AAMPACT e.V. hindeuten.

Zulässige Formulierungen sind:

  • Objektive Wiedergabe der Marktlage und Marktentwicklung,
  • Darstellung alternativer Reaktionsmöglichkeiten, ohne einseitig eine bestimmte Reaktionsmöglichkeit zu bevorzugen.

Vereinsempfehlungen

Der AAMPACT e.V. erarbeitet in speziellen Workshops Vereinsempfehlungen, die bei Bedarf rechtlich überprüft werden. Die Erarbeitung der Empfehlungen
erfolgt in einem offenen, transparenten und nicht-diskriminierenden Verfahren.

Der AAMPACT e.V. stellt diese Empfehlungen seinen Mitgliedsunternehmen unverbindlich zur Anwendung zur Verfügung.

Aufnahme und Ablehnung neuer Mitglieder

Der AAMPACT e.V. ist grundsätzlich frei in seiner Entscheidung über neue Mitglieder. Der AAMPACT e.V. hat die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in seiner Satzung detailliert geregelt.

Der AAMPACT e.V. wird einen bestehenden kartellrechtlichen Aufnahmeanspruch eines Unternehmens, das Mitglied des AAMPACT e.V. werden will, respektieren. Der AAMPACT e.V. darf beitrittswilligen Unternehmen, die die satzungsgemäßen Aufnahmekriterien nicht erfüllen, die Aufnahme in den AAMPACT e.V. verweigern. Die Aufnahmeverweigerung darf aber nicht diskriminierend sein, so etwa wenn andere vergleichbare Unternehmen trotz Nichterfüllung der Aufnahmekriterien bereits aufgenommen worden sind.

Weitere Informationen

Der AAMPACT -Vorstand sowie das AAMPACT Steering Committee stehen allen Mitgliedern für Fragen zu diesem Leitfaden zur Verfügung.